Kunstprojekt Frauengeschichte

Kunst | Vergessene Frauengeschichte
Am 2. Mai fand die Performance «I Adore You» der bekannten St.Galler Künstlerin Lika Nüssli statt: Lika Nüssli, die Gewinnerin des Schweizer Literaturpreises 2023, erinnerte am Wiboradatag in St.Gallen an die verschüttete Frauengeschichte und das leere Grab der Stadtheiligen.

Mit einer Performance, die in sieben Stunden sieben Stationen umfasste, zeichnete sie eine unsichtbare Landkarte durch die Stadt und die Jahrhunderte. Diese Plätze wurden von ihr intuitiv ausgewählt, vom OK von Wiborada2023 erhielt sie das historische Hintergrundwissen. An jedem Ort sprach die Künstlerin die zufälligen Passant*innen auf Wiborada an und forderte sie auf, auf ihr anfänglich weisses Leinwandkleid rosa Farbsprenkel als Verehrung zu applizieren. Dazu legte sie sich regungslos auf den Boden.

Menschen blieben stehen, waren schockiert, überrascht, irritiert und fragten nach. Oft wurde die Liegende für eine Klimaaktivistin gehalten, die sich auf dem Asphalt festgeleimt hatte. Die Menschen wurden in unzählige Gespräche verwickelt; vor allem die Jugendlichen waren dabei überraschend offen und fasziniert von der Geschichte der frühmittelalterlichen Frau mit ihrem krassen Lebensstil und eigensinnigen Geschlechterkonzept.

Jeder Ort hatte seine eigene Anmutung: Auf dem Klosterplatz mit den Kathedraltürmen im Rücken wirkte das Ritual ganz anders als auf dem Bahnhofplatz inmitten von gehetzten Reisenden. Aber an jeder Stelle blieb ein kleines Rinnsal rötlicher Farbe zurück, das man auch für Blut halten konnte. Beim Abschluss in der Kirche St. Mangen zog Lika Nüssli dann ihr Kleid wie eine Schlangenhaut aus und legte es ins temporär bezeichnete Grab. Die Kunstaktion wurde von der professionellen Fotografin Tine Edel dokumentiert und erfuhr eine gute Präsenz in den verschiedenen Medien. 

Kontakt

Thoma Judith
Judith Thoma
Historikerin, Verantwortliche für das Kunstprojekt
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